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Sevran Kilinc von Cannapara in Mülheim an der Ruhr im Interview

13 Sep 2022

Hanf ist in aller Munde. Und auf der Haut. Und in Baustoffen. Und überhaupt. Die Hanfpflanze ist ein wahrer Alleskönner und es wird höchste Zeit, sie aus der Rauschmittelschublade herauszuholen und ihr die Aufmerksamkeit zu widmen, die sie verdient hat. 


Cannapara, Deutschlands erster CBD Reform Store, beleuchtet daher verschiedene Seiten und Wirkungsweisen dieses Naturproduktes. Geschäftsführer Sevran erschuf 2020 ein Ladenkonzept, das neben dem Verkauf von verschiedenen Hanfprodukten aus den Bereichen Lebensmitteln, Kosmetik und CBD auch ein Raum des Austauschs und der Aufklärung zu diesem Thema sein soll.


Erfahre in unserem Interview unter anderem, wo Sevran seine Leidenschaft für Hanf entdeckt hat, wie die Reaktionen der Mülheimer Bürger auf Cannapara waren und welche Visionen er für seinen CBD Reform Store hat.


Wer bist du und was machst du? Ich bin Sevran, der Geschäftsführer von Cannapara. Ich kümmere mich darum, dass der Laden läuft. Ich baue das Team auf und sorge dafür, dass wir uns vergrößern. Dazu gehört natürlich auch die Pflege der Webseite und der Social Media Kanäle. Da steckt mehr Arbeit hinter, als ich vorher erwartet hätte. Wir müssen aktuell schauen, wie es sich für uns entwickelt, weil die Politik ja überlegt, Cannabis zu legalisieren. Da sind wir gespannt, wie sich das auf unsere Branche mit dem CBD auswirkt. Wir haben das Gefühl, dass sich das alles zu unseren Gunsten entwickelt.


Was ist dein beruflicher Hintergrund? Ich habe in Venlo in Holland internationale Wirtschaft studiert. Durch mein Studium in Holland habe ich schon früh mit Hanfprodukten sympathisiert. Ich habe das Thema zugegebenermaßen nie so streng gesehen, sondern viel mehr gesagt, dass das die Zukunft ist. Die Leute haben ja zunehmendes Interesse an natürlichen und nachhaltigen Produkten und beides trifft auf Hanf zu. Hanf ist absolut nachhaltig, Hanf tut der Natur gut, tut den Leuten gut und deswegen haben wir beschlossen, das zu pushen und da ein Business draus zu machen – warum auch nicht?


Wie bist du mit Hanf in Berührung gekommen? Während meines Studiums in Holland. Mich hat fasziniert, wie offen die Niederländer damit umgehen und welche Rolle Hanf dort auch als Lebensmittel spielt. Vor circa fünf Jahren war es bei uns ja super schwer vorstellbar, Hanf als Lebensmittel zu konsumieren. Das gab es ja wirklich nur in ausgewählten Läden, es war noch nicht so salonfähig, wie es heute ist. Diesen wachsenden Markt wollten wir mitnehmen.


Wie wurde dieses Thema bisher von den Mülheimern aufgenommen, wie war euer Start? Der lief gut, es gibt hier sehr viele neugierige interessierte Menschen durch alle Altersgruppen hinweg. Unter unseren Kunden gibt es verschiedene Untergruppen. Manche interessieren sich wirklich nur für Hanf als Lebensmittel, die kommen rein und kaufen ihr Hanfsamenöl zum Kochen oder für Salate. Dann gibt es Leute, die reinkommen und das Thema spannend finden und sich mal informieren wollen, andere finden es cool und wollen es einfach mal probieren oder ganz gezielt für gesundheitliche Zwecke nutzen. Wir bezeichnen uns auch als Reform Store, also quasi als eine moderne Variante des Reformhauses und wollen in diesem Kontext zeigen, dass man Hanf als Nahrungsergänzungsmittel und Superfood nutzen kann. Dadurch haben wir sehr viele unterschiedliche Kunden und unsere Produkte kommen wirklich gut an.


Würdest du Hanfprodukte eher als Nahrungsergänzungsmittel bezeichnen oder als Naturheilkunde? Das ist schwer zu sagen. Es ist schon beides eigentlich. Ich würde sagen, wenn man ein sehr hoch konzentriertes CBD-Öl nimmt, dann kann man das schon als Naturheilmittel verwenden. Weniger stark konzentrierte Öle, wie das Hanfsamenöl, würde ich eher den Nahrungsergänzungsmitteln zuordnen. Dazu würden auch Hanfmehl oder Hanfsamen zählen. Dadurch, dass Hanf lange Zeit so in Verruf geraten war, ist vielen Menschen leider gar nicht bewusst, wie viele wertvolle Inhaltsstoffe in Hanfprodukten stecken. Hanf ist wirklich ein Alleskönner. Inzwischen ist die Forschung so weit, dass Bestandteile von Plastik teilweise durch Hanf ersetzt werden sollen, dass Hanf als Dämmstoff verwendet werden soll oder als Textilienfaser in Kleidung – es gibt so viele verschiedene Wege, das ist das Tolle am Hanf!


Ihr verkauft auch Pflegeprodukte mit Hanf – wie wirkt es da? Der menschliche Körper hat eigene Cannabioid-Rezeptoren. Das gehört ja auch zu den Besonderheiten des Hanf, dass es ein Naturprodukt ist, dessen Rezeptoren wie ein Puzzleteil an unsere Rezeptoren passen. Das fasziniert die Menschen unter anderem an Hanf, dass es so scheint, als wäre es für den Menschen gemacht worden. Jeder Mensch hat in seiner Haut Cannabioid-Rezeptoren, über die die Wirkstoffe der Hanfpflanze aufgenommen werden können. Beispielsweise als Inhaltsstoffe von Cremes oder CBD-Öl. Der Mensch produziert in ganz kleinen Mengen in seinem Körper auch selbst Cannabioide und durch den gezielten Einsatz mit den Cannabioiden der Hanfpflanze kann man dem Körper in viele Richtungen gezielt helfen. Vor allem zur Entspannung und Beruhigung der Nerven. Natürlich kann dir ein CBD-Öl nicht die Kopfschmerzen nehmen oder die Rückenschmerzen, aber es kann beim Entspannen helfen. Und das macht schon sehr viel aus, wie man sich entspannt, ob man einschläft oder ob man gut und tief schläft und das gehört zu den entscheidenden Vorteilen der Wirkungsweise von Hanf.


Welche Hanfprodukte dürfen in deinem Alltag nicht mehr fehlen? Ich benutze aus dem Beauty-Bereich ein Detox-Öl, das die Haut entgiftet, das finde ich wirklich toll. Außerdem benutze ich Seifen und Cremes. Die sind naturbelassen und ersetzen viele chemische Produkte, die man eigentlich gar nicht braucht. Da ich auch viel Sport mache, trinke ich auch gerne Proteinshakes auf Basis von Hanfproteinen. Und weil ich gerne nasche, esse ich auch gerne Schokolade mit Hanfnüssen.


Welches Vorurteil gegenüber Hanfprodukten kannst du nicht mehr hören? Es wird immer noch sehr oft mit den negativen Aspekten assoziiert, also Hanf als Droge oder Hanf als illegales Rauschmittel. Viele denken bei Hanf einfach nur ans Kiffen, diesem Vorurteil begegnen wir schon sehr oft. Ein bis zwei Mal pro Woche kommen Menschen, die nur das Hanfblatt an der Scheibe unseres Ladens sehen, rein, und fragen nach langen Blättchen oder nach speziellen Filtern. So etwas führen wir natürlich nicht. In der älteren Generation gibt es auch sehr viele Leute, die einfach nicht auf dem aktuellen Wissensstand in Punkto Hanf sind und Hanf immer noch mit Rausch assoziieren. Wir möchten mit unserer Arbeit dazu beitragen, dass Hanfprodukte ins richtige Licht gerückt werden und mehr Positives damit assoziiert wird. Als wir zum Beispiel die Hanfschokolade bei der Kulinarischen Schnitzeljagd verteilt haben, haben uns viele Schnitzeljäger gefragt, ob sie von der Schokolade lustig werden würden? Natürlich war das scherzhaft gemeint und wenn ich ihre Frage dann verneint habe, hieß es, dass das schade sei und wir alle haben gelacht. Aber man hat daran schon gemerkt, dass im Unterbewusstsein vieler Leute das Hanfblatt symbolisch für Drogen steht. Dafür soll es nicht mehr stehen, denn es ist eine jahrtausendealte Nutzpflanze, aus der man sehr viele Vorteile ziehen kann. Hanf ist übrigens verwandt mit Unkraut und es wächst tatsächlich auch wie Unkraut. Das wächst immer wieder neu, das bekommst du nicht kaputt. Hanf wächst überall unter beinahe jeglichen Bedingungen und das auch sehr schnell, das gehört zu den nachhaltigen Aspekten der Hanfpflanze. Hanf reinigt wie jede andere Pflanze auch die Luft, gibt Sauerstoff ab und bindet CO2. Meiner Meinung nach könnte man viele Bestandteile in Produkten, die weniger nachhaltig sind, durch Hanf ersetzen oder ergänzen und sie somit nachhaltiger gestalten und die Umwelt schützen.


Hanf ist ein vielseitiges Lebensmittel: Geschälte Hanfnüsse, Hanfspeiseöl oder Hanfmehl sind Produkte, die bei ernährungsbewussten Menschen längst kein Geheimtipp mehr sind. Mit Hanfblüten oder Hanfextrakten verhält es sich da anders – was genau verbirgt sich dahinter und wie werden diese Produkte konsumiert?

Bei unseren Hanfblüten ist es so, dass das THC – also der berauschende Wirkstoff des Hanfs – darin nicht enthalten ist, bzw. mit weniger als 0,2 %. Dadurch sind die Blüten kein Rauschmittel. Der Gedanke dahinter ist der, dass man das Gute aus dem Hanf von dem in Anführungsstrichen „Schlechten“ trennt, um so auch ein nicht-berauschendes Mittel zu haben. Viele wollen Hanf gar nicht als Rauschmittel benutzen, sondern auch um die anderen Vorteile dieser Pflanze zu nutzen. Offiziell sind diese Blüten also nicht zum Rauchen gedacht. Das Problem ist: Viele verwenden sie trotzdem dafür.


Wie würde man die Blüten oder Extrakte verwenden, wenn man sie zu nicht-berauschenden Zwecken einsetzen wollen würde? Offiziell sind sie zur Weiterverarbeitung angedacht. Man könnte sich also beispielsweise eine Creme daraus machen oder man könnte sie essen, zum Beispiel eine Butter daraus machen – da gibt es ja unendlich Möglichkeiten. Dennoch wollen die meisten, die die Blüten kaufen, sie rauchen, das wissen wir auch. Es gibt auch viele Menschen, die Hanf als Rauschmittel benutzt haben, schlechte Erfahrungen damit gemacht haben, und dann nach einer Alternative suchen, mit der sie dasselbe Ritual – beispielsweise Rauchen – machen können, aber ohne die berauschende Wirkung dabei zu haben. Das ist wie mit dem Feierabendbier. Wenn man da auf Alkohol verzichten will, trinkt man ja auch alkoholfreies Bier. Dasselbe Ritual, mit unterschiedlicher Wirkung.


Wie sieht bei dir ein normaler Arbeitstag aus? Vom Aufstehen bis zum Schlafengehen. Jeder Tag ist sehr unterschiedlich. An manchen Tagen bin ich komplett mit organisatorischen Sachen beschäftigt wie Werbemaßnahmen oder der Erstellung von Schichtplänen. Ein Standardtag im Laden sieht so aus, dass ich den Laden eröffne, auf die Kunden warte und natürlich auch immer wieder spannende Gespräche mit den Kunden habe. Das ist auch das Schöne an meinem Job, dass ich mich mit so vielen Leuten austauschen kann und man sich dadurch auch weiterbildet, weil das Thema Hanf ein riesiges Thema mit sehr vielen verschiedenen Facetten ist. Bei all den neuen Möglichkeiten, die Hanf mit sich bringt, überlegen wir als junges Unternehmen ständig, in welche Richtung wir uns weiterentwickeln wollen. Wir überlegen zum Beispiel, ob wir auch Textilien mit Hanffasern anbieten wollen.   Dadurch hat man immer wieder andere spannende Aufgaben, wenn man sich neue Informationen einholt, sich zu bestimmten Themen schlau macht oder Leute kontaktiert, die schon in den entsprechenden Branchen sind und dort Angebote einholen. Wir haben ja auch einen Onlineshop und liefern auch, da fahre ich dann manchmal selbst zu den Kunden und beliefere die und spreche dann mit ihnen. Der Kundenkontakt steht in meinem Arbeitsalltag auf jeden Fall im Fokus. Ich würde meinen Job durchaus als einen harmonischen Job beschreiben, auch wenn es natürlich mal stressig zugehen kann im Hintergrund. Abends mache ich dann Feierabend und lasse meinen Tag zu einer Tasse Hanftee ausklingen. Der Hanftee schmeckt ein bisschen wie ein Brennnesseltee, was durchaus an ihrer botanischen Verwandtschaft liegen kann.


Was gefällt dir an dem Konzept der Kulinarischen Schnitzeljagd? Ihr habt ja schon daran teilgenommen mit eurem Store in Mülheim. Uns hat gefallen, dass die Leute proaktiv die ganzen Angebote in ihrer Stadt kennenlernen. So sind viele Menschen zu uns gekommen, die noch gar nichts von uns wussten oder noch nie etwas mit Hanf zu tun hatten. Das gefällt mir an dem Konzept der Kulinarischen Schnitzeljagd so gut, dass man in viele verschiedene kulinarische Ecken reinschnuppert und Neues probiert. Die Leute haben mir dann auch erzählt, wo sie schon überall an dem Tag waren und da habe ich auch selbst, obwohl ich Mülheimer bin, gemerkt, dass ich offenbar auch viele Läden noch gar nicht kenne. Da lernt man seine Stadt mal besser kennen.


Wie isst du dein Schnitzel am liebsten? Klassisch mit Champignon-Rahm-Sauce.

Stichworte: Interview 

Über die Kulinarische Schnitzeljagd

Die Kulinarische Schnitzeljagd ist eine Genusstour, bei der die Teilnehmer ihre Stadt neu erschmecken, allein oder mit Freunden, auf dem Rad oder anders.
In unserem Genussmagazin stellen wir Restaurants, Cafés und Feinkostläden vor und veröffentlichen Interviews und Berichte zu kulinarischen Themen.