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Mounzer El-Chakif von Le Kork in Bochum im Interview

23 May 2022

Mounzer El-Chakif hat sich ein weiteres Standbein aufgebaut. Neben seiner Agenturgruppe KK03 gründete er zusammen mit Stéfanie Goth und Ludmilla Fichtner das Le Kork, deren Gesellschafter er nun ist. Dort kümmert er sich um alles, was im übergeordneten Sinne mit Marketing, Weinhandel und Brandbuilding zu tun hat.


Le Kork versteht sich als Weinerlebnis-Gastronomie. Dort ist jeder Gast sein eigener Sommelier. Mittels einer vor Ort aufgeladenen Guthabenkarte, geht der Kunde selbst zum Weinschrank, wo er die Weine via Dispenser in drei verschiedenen Größen in sein Glas gießen lassen und mit der Guthabenkarte bezahlen kann. Infos zum Wein gibt es entweder über ein kleines Infokärtchen oder digital über einen QR-Code. So können stressfrei beliebig viele Weine durchprobiert werden und der Gast entscheidet selbst, ob probieren über studieren geht oder ob er sich eigenständig mehr Wissen über den jeweiligen Wein aneignen möchte.


Im Interview verriet Mounzer uns unter anderem, warum er Weinbars bisher gemieden hat, wie es Le Kork gelingt, 95% aller Weintrinker anzulocken und inwiefern Augmented Reality schon bald in das Konzept von Le Kork integriert werden könnte.


Wie seid ihr auf die Idee gekommen, Le Kork zu gründen? Die Bar wird von Stefanie Goth und Ludmilla Fichtner betrieben und das sind auch die beiden, die die Idee ins Rollen gebracht haben. Wir kennen uns schon seit Jahren und ich habe immer gesagt: „wenn ich groß bin und die Nase voll habe vom Agenturleben, werde ich eine Bar in Bochum aufmachen!“ Das ist also ein kleiner Traum von mir gewesen, den ich oftmals in meinem Freundeskreis kommuniziert habe. Stefanie war dann irgendwann in Riga in einer Weinbar, die das Konzept anbietet, das wir jetzt auch anbieten und fand das super cool. Ein paar Monate später war Ludmilla in Toulouse in so einem Weinkonzept und fand das auch mega cool und die beiden haben sich dann darüber ausgetauscht und sich gefragt, warum es soetwas nicht in Deutschland gibt? Da wuchs die Idee bei ihnen heran, wie man hier in Deutschland so eine Bar aufmachen könnte. Sie überlegten sich, wie die Bar aussehen könnte, ob sie das hinbekämen und wer sie dabei supporten könnte. Und dann saßen wir bei mir, die beiden hatten etwas vorbereitet, erzählten mir von dem Konzept und sagten, dass es super gesellig und super schön sei. Und ich, als jemand der schon gerne Wein trinkt, aber gar keine Ahnung von Wein hat und ein großes Problem mit säurehaltigen Getränken hat, konnte mir darunter nicht so viel vorstellen, weil ich nicht so oft in gehobeneren Weinbars unterwegs war. Und dann kamen die Mädels mit dieser Weinbar Idee und erzählten, dass der Wein in Weinschränken steht und die Leute sich das selber abzapfen. Und ich, als jemand, der Wein immer mit Respekt gegenübergestanden hat, fragte die beiden dann, ob sie sich sicher seien, dass man etwas so Romantisches wie Wein aus dem Automaten zapfen soll und dann muss den Kunden noch erklärt werden, dass sie sich selbst bedienen müssen. Ich dachte, dass das Konzept beim besten Willen nicht funktioniere und zum Scheitern verurteilt sei. Die beiden sagten dann, dass ich das mal selbst erleben müsse und das viel cooler, viel geiler, viel geselliger und viel spaßiger sei, als ich mir das vorstelle. Ich war zwar skeptisch, aber dann überzeugten sie mich. Eine Woche später sind wir nach London geflogen, da gibt es das Vagabond, das ist eine Art Vorreiter für das Weinerlebnis-Gastronomiekonzept. Die hatten zu dem Zeitpunkt fünf Bars in London.


Und dort wurdest du dann bekehrt und hast festgestellt, wie cool das ist? Ja. Also was mich mega fasziniert hat, war, dass sie fünf Bars hatten und das Konzept in jeder Bar dasselbe war, die Weinauswahl und die Essensauswahl dieselbe war und vom Interieur her, war es auch größtenteils dasselbe. Allerdings waren die fünf Bars so unterschiedlich, wie sie nur hätten sein können, was das Moodbild und die Zielgruppe anbelangte: Die erste Bar, die wir besucht haben, war eher in der Touri-Ecke im Sinne von „ich starte jetzt mein Wochenende in London“, die zweite Bar war direkt an einem Park, wo viele junge Eltern saßen oder auch drei Generationen zusammen, also alles sehr familiär. Die dritte Bar war im Bankenviertel, wo alle im Anzug saßen und das eher wie After-Work war. Die vierte Bar war in Nottingham, da war die Musik etwas lauter und man hatte das Gefühl, dass die Leute dort eher zum Vortrinken waren und auf eine gewisse Drehzahl kommen wollten und die fünfte Bar war ein absoluter Date-Laden. Das hat mir einfach gezeigt, dass ein- und dasselbe Konzept jeden anspricht.


Welche Zielgruppe habt ihr mit eurer Bar im Visier? Tatsächlich 95% aller Weintrinker.


Wie schafft ihr das? Wir sehen uns schon als „Pioniere“ in diesen Weinerlebnis-Gastronomien in dem Sinne, als dass wir mit dem Vorurteil aufräumen wollen, dass man dem Wein mit zu viel Respekt begegnet. Dass man sich vielleicht nicht traut, in eine gehobene Weinbar zu gehen, weil man womöglich nicht weiß, wie man mit einem Sommelier umgehen soll, der wirkt auf einen ja schonmal erhaben. Meiner Meinung nach gab es vorher nicht die Möglichkeit für alle, die gerne Wein trinken, auch Wein trinken zu gehen, weil es in einer angespannten Atmosphäre stattgefunden hat. Die 5% Superweinkenner können uns natürlich auch gerne besuchen, wir wissen nur nicht, wie die auf so eine Thematik agieren oder reagieren. Wobei wir da auch schon eines Besseren belehrt worden sind und festgestellt haben, dass auch die unser Konzept mega geil finden. Unsere Zielgruppe ist jeder, der gerne Wein in einer entspannten Atmosphäre trinkt.


Wenn ihr so viele unterschiedliche Menschen ansprecht: Achtet ihr bei der Zusammenstellung eures Sortiments dann auch darauf, dass für jede Nische etwas dabei ist? Also säurearm, bio, vegan, alkoholfrei, etc.? Ja, natürlich versuchen wir uns so breit wie möglich aufzustellen. Aber mit 84 offenen Weinen können wir das ganze Spektrum des Weinangebots natürlich nicht komplett abdecken. Wir haben ein ständig wechselndes Weinangebot, wobei wir die Bestseller natürlich in den Dispensern lassen. Bei dem wechselnden Angebot schauen wir, dass wir verschiedene Themen bespielen, die vorher vielleicht etwas zu kurz kamen. Letztendlich zielt das Konzept auch darauf ab, dass wir 6 oder 8 unterschiedliche Rieslinge haben und der Kunde auch an die Komplexität einer einzigen Rebsorte herangeführt wird. Wir geben dem Kunden die Möglichkeit, zu vergleichen, dass der Probierschluck von dem einen Wein 1 Euro kostet und von einem anderen 3 Euro und worin dort der Unterschied liegt. Er kann dann selbst herausfinden, ob er, wenn er mehr bezahlt, auch einen komplexeren Wein bekommt oder auch nicht. Das Konzept möchte die Leute einladen, in das Thema einzusteigen, den nächsten Schritt zu gehen und sich dann vielleicht auch mal an einen teureren Schritt heranzutrauen.


In welcher Preisspanne bewegen sich eure Weine in etwa? Die Probierschlucke liegen zwischen 60 Cent und 5 Euro. Dementsprechend kostet der Flaschenpreis im Shop zwischen 7,50 Euro und endet bei 99,00 Euro.


Dann findet sich auch hier die gesamte Bandbreite wieder, die ihr auch in eurer Zielgruppe habt. Wo findet ihr eure Weine? Kennt ihr all eure Winzer persönlich? Uns war es tatsächlich total wichtig, dass wir eng mit unseren Winzern beziehungsweise Importeuren zusammenarbeiten und deswegen haben wir unsere Winzer gecastet. Am Anfang war es so, dass wir die Winzer angeschrieben haben, einen Videocalltermin mit ihnen vereinbart haben und darüber eine Art Casting führten. Allerdings musste der Winzer sich nicht bei uns bewerben, sondern wir haben uns dem Winzer vorgestellt. Wir haben dann geschaut, welche Winzer zu uns passen. Also zu uns in dem Sinne, als dass wir uns jung und dynamisch positionieren und Wein nicht wie ein Sommelier oder großer Weinliebhaber denken, sondern wir wollen die Weine so unkompliziert wie möglich halten. Zumal wir uns auch ganz klar gesagt haben, dass wir nicht 800 oder 900 Weine, sondern eine überschaubare Anzahl von Weinen haben wollen, von Winzern, die hinter ihrem Produkt stehen. Wir leben viel von der digitalen Offenheit in dem Sinne, als dass wir dem Endkonsumenten die Möglichkeit geben möchten, die Leute hinter diesem Wein kennenzulernen. Alle deutschen Weine, die wir im Shop haben, beziehen wir direkt vom Winzer und das ist mittlerweile auch ein sehr gutes Miteinander geworden. Die Winzer kommen uns regelmäßig auch in der Bar besuchen. Jeden Mittwoch haben wir eine Art After Work Event, mal ist das Wine and Dine mit einem Gastkoch, mal kommt ein DJ und legt auf oder auch Wine and Winemaker. Da kommt dann ein Winzer zu uns, der seinen Wein in einem Live-Tasting vorstellt aber auch darüber hinaus den ganzen Abend vor Ort ist, um Rede und Antwort zu stehen. Das Le Kork Team v.l.n.r.: Stéfanie Goth, Mounzer El-Chakif und Ludmilla FichtnerWenn man normalerweise auswärts einen Wein bestellt, guckt man in die Karte und liest den Namen des Weins, von welchem Weingut er kommt, wie hoch der Alkoholgehalt ist, aus welcher Rebsorte er ist und vielleicht noch wie viel Säure er hat. Bei euch steht man jedoch vor einem Regal mit Dispensern und sieht erstmal die Optik der Weinflasche und entscheidet vielleicht auch eher intuitiv danach bevor man sich – etwa über den nebenstehenden QR-Code – weitere Infos einholt. Spielt demnach das Aussehen der Weinflaschen, bzw. das Labeling, bei eurer Auswahl eines Weins eine besonders große Rolle? Absolut, definitiv. Unser Konzept ist sehr visuell. Wenn man bei uns reinkommt, ist in etwa auf Brusthöhe der Dispenser, in dem die Weinflaschen stehen, etwas höher als auf Kopfhöhe stehen dann die Rebsorten und darunter sind Infokärtchen. Der normale Gang eines Konsumenten, wenn wir dem eine Bodycam anschnallen würden, geht natürlich als allererstes nach dem Etikett, weil er guckt, was ihn anspricht. Dann guckt er nach der Rebsorte, informiert sich über das Info-Kärtchen analog oder über den QR-Code digital und dann zapft er ab. Aber ich bin absolut bei dir, dass er als erstes auf das Etikett guckt und dementsprechend ist auch das Etikett und die Aufmachung einer Flasche schon wichtig. Aber das hat sich bei den Winzern auch schon integriert, weil die die Konkurrenz ja auch im Einzelhandel haben und auch dort mit Hilfe des Etiketts hervorstechen müssen. Natürlich haben wir aber auch Weine von guten Winzern dabei, deren Etikett vielleicht nicht so stark hervorsticht, das ist dann kein Ausschlusskriterium.


Welche Pläne habt ihr für die Zukunft von Le Kork? Also zum einen innerhalb der Bar, beispielsweise im digitalen Bereich, aber auch was das Eröffnen neuer Bars anbelangt? Zum eigenen Standort: Für Bochum sind wir gerade in den ersten Zügen der Planung Augmented Reality zu integrieren. Wir würden diesen ganzen digitalen Aspekt, den wir schon spielen mit dem hinter gelagerten Onlineshop, der Prähistorie und co gerne weiterspielen. Dass unsere Kunden dann einfach mittels ihrer Handykamera das Flaschenetikett einscannen und dann ein etwa 30 bis 50 Sekunden langes Kurzvideo des Winzers sehen können, von dem der Wein ist.


Wie aufregend! Ja, allerdings ist es entgegen meiner Vorstellung doch noch sehr teuer und dementsprechend ist es schwierig, das zeitnah für alle Weine umzusetzen. Nichtsdestotrotz bin ich mir sicher, dass wir das Projekt schon bald für ein paar Flaschen einführen werden. Das ist für Bochum der nächste Schritt. Im Großen und Ganzen haben wir super viele Pläne mit Le Kork. Wir wollen national drei weitere Bars aufmachen. Wir werden auf jeden Fall Hamburg in Angriff nehmen, da die Le Kork Holding GmbH ohnehin in Hamburg angesiedelt ist, weil ich dort auch ein zweites Büro habe. Dort findet letztendlich alles statt, was eCommerce, Produktentwicklung und den Onlineshop angeht. Ansonsten planen wir Standorte in Duisburg und Essen, aber das steht gerade noch sehr am Anfang. Noch wollen wir kein Franchise rausgeben, sondern alles selber beziehungsweise mit Partnern betreiben, weil wir gerade noch am Anfang stehen. Außerdem planen wir auch eigene Weine unter unserem Namen rauszubringen, allerdings natürlich immer in transparenter Kommunikation mit unseren Winzern.


Wie sieht bei dir ein ganz normaler Arbeitstag aus? Also am Beispiel von heute kann ich ja gerade mal in meinen Kalender gucken: Um 8:00 hatte ich ein Meeting, in dem es um die Implementierung unseres neues Warenwirtschaftssystem ging, dann war ich bei der Le Kork Holding GmbH, von 9 bis 9:30 hatte ich ein Meeting mit meiner Buchhaltung, dann hatte ich einen Jourfix mit meinem größten Eventkunden. Von 11:00 bis 12:30 hatte ich den Austausch mit dieser Augmented Reality Agentur, von 12:30 bis 13:30 hatte ich einen Austausch mit meiner Projektleiterin von Peek & Cloppenburg und meinem Buchhalter. Von 13:30 bis 14:00 hatte ich einen Gesellschafter Call, von 14:30 bis 15:30 hatte ich einen Call mit meinem Steuerbüro, jetzt habe ich den Call mit dir und im Anschluss habe ich ein Fotoshooting in der Bar, weil wir gerade in der Social Media Produktion sind. Das ist heute mein Tag.


Was gefällt dir am Konzept der Kulinarischen Schnitzeljagd? Ich finde es natürlich gut, dass dadurch Leute aus unserer Stadt auf uns aufmerksam gemacht werden, die wir ansonsten vielleicht nicht erreicht hätten, weil die Teilnehmer ja sehr unterschiedlich sind, auch was ihr Alter anbelangt. Gerade ältere Menschen sind bei unserem Konzept manchmal zunächst etwas skeptisch, vor allem was das Bezahlen im Vorfeld anbelangt, wenn man sich unsere Karte auflädt. Die Erstaufladung liegt bei 10 Euro und meistens laden die Gäste kurz danach nochmal ihre Karte auf, weil sie dann merken, dass sie mit 10 Euro gar nicht so weit kommen und das Konzept doch ziemlich geil finden. Dementsprechend hat uns die Kulinarische Schnitzeljagd wirklich die Möglichkeit gegeben, eine Zielgruppe zu erreichen, die wir mit den Kanälen, die wir bewerben, so nicht erreicht hätten. Letztendlich kenne ich das auch von mir persönlich, dass man automatisch vergleicht. Und wenn man dann den Tag der Kulinarischen Schnitzeljagd Revue passieren lässt und überlegt, wo man es am besten gefunden hat und was in Erinnerung bleibt, dann glaube ich, dass wir mit unserem Konzept im Kopf bleiben und die Leute auch wieder kommen werden.


Wie isst du dein Schnitzel am liebsten? Und welchen Wein würdest du dazu empfehlen? Ich esse am liebsten ein Kalbsschnitzel mit Bratkartoffeln und Preiselbeeren. Was den passenden Wein dazu anbelangt, finde ich, dass Wein oft abhängig von der Stimmung ist. Es könnte ein nicht ganz so komplexer Rotwein sein, wie zum Beispiel der Black Ox oder ein doch sehr komplexer Weißwein wie Dreissigacker Vintages.

Stichworte: Restaurant  Bochum 

Über die Kulinarische Schnitzeljagd

Die Kulinarische Schnitzeljagd ist eine Genusstour, bei der die Teilnehmer Bochum neu erschmecken, allein oder mit Freunden, auf dem Rad oder anders.
In unserem Genussmagazin stellen wir Restaurants, Cafés und Feinkostläden vor und veröffentlichen Interviews und Berichte zu kulinarischen Themen.