Hamburg Kulinarisch - Gut und Günstig
Endlich wieder ein Gastro-Guide! Und zwar ein richtig guter! Einer, der so mitreißend geschrieben ist, dass man ihn wie einen Roman in einem durchlesen möchte! Zumindest ging uns das so bei der Recherche zu dieser Buchrezension über Hamburg Kulinarisch - Gut und Günstig.
Der Blick ins Inhaltsverzeichnis verrät: Dieses Buch ist klar strukturiert! Und zwar in elf Kapitel mit Neugierde erweckenden Titeln wie „Wohlfühlessen“, „Cocina Latina“, „Aus Neptuns Reich“, „Burger, was sonst?“, „Rund ums Mittelmeer“, „Auf nach Asien“, „Fine Dining“, „Vegane Vielfalt“, „Frühstücks-Freuden“, „Kaffee & Kuchen“ sowie „Läden für Leckeres“.
Was macht da also die ambitionierte Schreiberin einer Buchrezension? Sie denkt sich „Ach super, dann lese ich jetzt aus jedem Kapitel exemplarisch zwei Restaurant-Beschreibungen und dann habe ich einen guten Gesamteindruck!“ Eine Einleitung, ca. eine Stunde und etwa 150 Seiten später: „Ups, jetzt habe ich ja fast das ganze Buch gelesen!“ Fairerweise sei an dieser Stelle gesagt, dass lediglich auf jeder zweiten Seite Text steht – abzüglich der Titelseiten für die jeweiligen Kapitel.
Mit anderen Worten: Dieses Buch macht süchtig! Süchtig nach mehr wohlformulierten Sätzen, mehr Geschichten über die Menschen hinter den Läden, mehr Essensempfehlungen, mehr authentischen Fotografien, mehr Hamburg und gerne auch etwas mehr Meer, wenn man schon im hohen Norden ist.
Mehr als 100 Läden auf knapp 200 Seiten
Mit Hamburg Kulinarisch – Gut und Günstig ist Catrin Prange und Cornelius Hartz ein Gastro-Guide der ganz besonderen Art gelungen. Auf knapp 200 Seiten entführen die fotografierende Literaturwissenschaftlerin und der freie Autor und Übersetzer Kulinarik-Interessierte in ihre ganz persönlichen Lieblingsgenussorte. Die meisten der mehr als 100 vorgestellten gastronomischen Betriebe werden sehr nahbar und persönlich auf einer ganzen Seite beschrieben – immer mit dazugehörigem Bild, das oft sogar von Catrin selbst fotografiert wurde. Mal werden die Inhaber zitiert, mal erfährt man etwas über die architektonische Vorgeschichte der Räumlichkeiten, mal liegt der Fokus auf dem Interieur und immer werden besondere kulinarische Charakteristika explizit hervorgehoben. Außerdem ein roter Faden und eine prima Hilfestellung für eine fixe Orientierung auf den ersten Blick: Die Einordnung der Küche, der Preisklasse und die Tipps von der Karte – übersichtlich direkt unter dem Foto.
In der Kategorie „Spezial“, die am Ende der meisten Kapitel zu finden ist, werden zu unterschiedlichen Themenbereichen, wie etwa „Very British“, „Pizza wie in Neapel“ oder „Wochenmärkte“ mehrere Empfehlungen kurz zusammengefasst.
Kulinarische Glücksorte
Die Idee zum Buch kam den beiden Autoren vor drei bis vier Jahren, als Cornelius sein Buch „Glücksorte in Hamburg“ fertig geschrieben hatte: „Wir hatten damals nämlich schon sehr viele nette Gastronom*innen kennengelernt und tolle "kulinarische Glücksorte" entdeckt. Leider konnten wir nicht alle im Glücksorte-Buch unterbringen, weil das Konzept nicht so viel Platz für Gastro bot. Daraufhin haben wir recherchiert und festgestellt, dass es seit dem Jahr 2013 keinen Gastroführer in Buchform für Hamburg gibt und beschlossen, dass wir das gern machen würden“, erzählt Catrin. Ursprünglich hätten die zwei ein halbes Jahr – also ohnehin nicht sehr viel – Zeit für das Schreiben des Buches und das Knipsen der meisten Fotos gehabt. Doch dann kam die Pandemie samt Lockdown und aus den sechs Monaten wurden sechs Wochen.
Die Auswahl der vorgestellten Läden geschah primär nach dem eigenen Gusto der beiden: „Generell entsprechen 90 % der Läden ganz einfach unserem privaten Geschmack! Wir fanden es natürlich wichtig, dass das Essen fantastisch schmeckt, aber dann haben wir auch immer die Person hinter dem Herd gesucht. Wir wollten keine riesigen Ketten featuren, die sowieso schon in halb Deutschland zu finden sind und haben uns daher auf kleinere Betreibergeführte Läden konzentriert. Manche sind echte 1-Mann-Unternehmen, wie Gunnar vom Herzgrün oder Helena vom Grilled Cheese. Solche, die es wegen der Pandemie sowieso am schwersten haben, möchten wir mit dem Buch natürlich am liebsten unterstützen“, so Catrin.
Von der Imbissbude bis hin zu Fine Dining
Ihre ganz persönlichen Gastro-Tipps lassen sich nicht nur den verschiedenen Kapiteln zuordnen, sondern umfassen auch eine Vielzahl verschiedener Länderküchen, die eine leise Vorstellung davon geben, wie international die Hamburger Gastronomie-Szene aufgestellt ist. So gibt es beispielsweise Focaccia aus Apulien in einer Focacceria, bretonisches Essen aus Frankreich, Pies und Grilled Cheese Sandwiches aus Großbritannien, Empanadas aus Argentinien, spanische Tapas, sowie authentische Gerichte aus Mexiko, Honduras, Portugal, Griechenland, Vietnam, Indien, Korea oder australisches Frühstück – um nur ein paar zu nennen.
Und auch die Bandbreite der aufgeführten Lokale kann sich sehen lassen: Von Foodtruck und Imbissbuden über Bistros, Restaurants, Cafés und Eckkneipen bis hin zu gehobenen Restaurants in schickerem Ambiente ist hier alles gegeben. Doch gerade letztere sind stets so gewählt, dass auch die Restaurants aus der Fine Dining-Liga immer noch für kleine bis normale Geldbeutel erschwinglich sind. Erstaunlich ist gerade an dieser Stelle, dass einige der Inhaber entweder bereits in ihrer bisherigen Karriere mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet wurden oder aber ihre jetzige Lokalität mit einem Michelin Teller versehen wurde. Der beste Beweis dafür, dass gute Küche nicht immer kostspielig sein muss. Dass das ohnehin nicht der Fall ist, belegen auch die vielen anderen von Catrin und Cornelius empfohlenen Gastronomien, bei deren Beschreibung einem beim Lesen nicht nur das Wasser im Munde zusammenläuft, sondern auch der Magen mit jeder gelesenen Seite immer lauter knurrt.
Fazit: unbedingt lesen!
Wir können diesen Gastro-Guide wirklich jedem ans Herz legen, dem die Flut an Restaurant-Empfehlungen im Internet schlichtweg zu groß ist und obendrein auch Wert auf inhabergeführte Läden legt. Und auch wenn der nächste Hamburg-Besuch noch nicht geplant ist: Dieses Buch liest sich wie ein guter Roman – er wurde mit einer ausgesprochenen Hingabe für schöne Sprache, gutes Essen und ästhetische Bilder herausgegeben und stellt auch vollkommen für sich allein einen (Lese-)Genuss dar.
Die erste Auflage wurde von dem herausgebenden Ellert & Richter Verlag auf 3.000 Stück limitiert, also beeil dich und sichere dir am besten schnell dein Exemplar!
Über die Kulinarische Schnitzeljagd
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ist eine Genusstour, bei der die Teilnehmer Hamburg neu erschmecken, allein oder mit Freunden, auf dem Rad oder anders.
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