Katharina Hallepape von Omi backt! in Bochum im Interview
Katharina Hallepape ist Gastrokind und seit Juli 2020 die neue Inhaberin von Omi backt! In den vergangenen Monaten hat sie jede freie Sekunde in dem Bochumer Café verbracht, um es nach und nach zu ihrem ganz eigenen Wohnzimmer zu machen, in dem ihre Gäste echte Kuchen von echten Omis essen. Die stehen bei diesem Konzept nämlich in der Küche und backen ihre Lieblingskuchen für fremde „Enkel“. Und das Beste daran: Die Omis sind so aufgeschlossen, dass es hier viele altbewährte Klassiker auch vegan oder auch glutenfrei gibt – ganz im Sinne des aktuellen Zeitgeistes also.
Im Telefoninterview verriet uns Katharina wie es dazu kam, dass sie das Café samt dessen Konzept übernommen hat, wie es ist, mit Menschen zusammen zu arbeiten, die die eigene Oma sein könnten und wie ihr Verhältnis zu ihrer echten Omi aussieht.
Bitte erzähl uns erstmal etwas über dich: Wer bist du? Wie sieht dein beruflicher Werdegang aus? Ich habe mein bisheriges Leben in der Gastronomie verbracht. Ich war lange Zeit als Führungskraft in diversen Restaurants, zuletzt in ein paar Burgerläden und immer mit dem Traum, mal einen eigenen Laden zu haben. Je älter man wird, umso mehr weiß man Freizeit zu schätzen, das gibt es in einem Abendgeschäft nicht. Also in einem Restaurantbetrieb. Und so kam dann irgendwann der Gedanke, dass ein Café vielleicht auch was für mich sein könnte. Die Jungs, die seiner Zeit Omi backt! ins Leben gerufen haben, waren keine Gastronomen. Deswegen haben sie sich ein paar Informationen von mir geholt und ich habe ihnen mit etwas Hilfe und Beratung zur Seite gestanden. Ich bin auch ab und an mal eingesprungen. Und als ihnen dann irgendwann klar war, dass das nichts für sie ist, fragten sie mich, ob ich das nicht machen wollen würde? Und so kam ich zu Omi backt!
Woher kanntest du die Jungs? Den Ulli kenne ich schon seit Jahren. Wir haben uns damals tatsächlich auch in einem meiner Jobs kennengelernt und uns über Jahre in unseren Jobs begleitet. Und so kamen die Jungs auf die Idee, dass ich die Richtige sein könnte, um dieses Projekt auszubauen.
Könntest du uns ein bisschen zur Entstehungsgeschichte von Omi backt erzählen? Der Ursprungsgedanke war so, dass wir Omis haben wollten, die noch ein paar Euros dazu verdienen wollen und einfach ihrem Hobby nachgehen und Kuchen backen. Wie oft backt man sich schon selber Zuhause einen Kuchen, wenn nicht gerade die Bude voll ist? Und das ist ja dann auch nicht mehr so oft der Fall, je älter man wird. So können die Omis ihre Lieblingskuchen für andere backen und sich daran erfreuen und alle sind am Ende des Tages glücklich. Ich finde, wenn man das im Internet liest, klingt das so, als hätten wir verwahrloste Omas von der Straße geholt hat und die wieder dem Leben zugefügt. Ich umschreibe das deswegen gerne anders: Und zwar Omis, die ihrer Lieblingsbeschäftigung nachgehen. Die backen für ihr Leben gerne und wir möchten, dass dieses Herzblut, das in den Rezepten steckt, die stellenweise auch sehr alt sind, dann auch an alle weitergegeben wird. Wir haben hier keine Konditorentorten stehen, keine dreistöckigen wie auch immer verzierten Dinger, sondern wirklich den klassischen Kuchen, den du bei Oma kriegst. Der auch nur bei Oma schmeckt, weil du ihn selber versaust. Also wirklich die Klassiker. Das Ganze haben wir jetzt noch erweitert, indem wir viele vegane Kuchen anbieten, weil das gerade sehr gefragt ist. Wir wandeln also die alten Omi-Rezepte um.
Wie gehen klassische Kuchen, die oft mit viel Butter und Eiern zubereitet werden, und vegane Backwaren denn Hand in Hand? Und wie haben die Omis auf die Veganisierung der Kuchen reagiert? Anfänglich war es so, dass die Omis sagten „In Kuchen gehört Ei und in Kuchen gehört Butter, das war schon immer so!“ Und inzwischen probieren wir das einfach aus. Es ist nicht so, dass wir fertige Rezepte haben, sondern wir experimentieren, ersetzen viel und holen uns Feedback rein: Fehlt da irgendwas? Ist der fluffig genug? Muss der saftiger sein? Was können wir tun, damit das ein perfekter Kuchen ist? Die neuen veganen Kuchen sind meist Abwandlungen von Klassikern. Die heißen dann anders, sehen am Ende auch ganz anders aus aber jetzt ist ja in der Regel nicht jeder Veganer vegan geboren. Die meisten haben ja schonmal Omas Kuchen probiert und da sind viele, die dann sagen „Mensch, geil, das schmeckt ähnlich wie…“. So kommen dann unsere veganen Kuchen zustande. Wir backen mittlerweile aber auch viel glutenfrei. Zum einen, weil ich mich selber so ernähre aus leider Gründen und zum anderen, weil auch da die Nachfrage recht groß ist. Und auch da ist es so: Du kannst nicht alles 1:1 ersetzen. Du kannst nicht einfach das normale Weizenmehl durch glutenfreies Mehl ersetzen. In der Regel fehlt da irgendetwas, es ist trockener oder es ist fester. Auch da basteln wir echt viel rum und holen uns das Feedback rein. Wir wollen das und wir können das und wollen das auch künftig weiterentwickeln, weil die Nachfrage da ist und es uns auch immer leichter fällt.
Gibt es Dauerbrenner bei den Kuchen? Was immer geht, ist Frucht mit Streuseln. Da ist am Ende des Tages völlig egal, was da drin ist. Wenn da Streusel drauf sind und eine Frucht drin ist, kannst du dabei zugucken. Gerade am Wochenende ist so ein Kuchen mit seinen 10,12 Stückchen in 10 Minuten weg. Und dann kann daneben die Sahnetorte stehen und dann sagen die Gäste: „Oh, die sieht aber toll aus! Ich hätte dann gerne den Streuselkuchen!“ Da denke ich mir manchmal, das kann doch nicht wahr sein, ich versteh das nicht?
Ich denke mal, weil die Leute, die zu euch gehen, ja auch wirklich wegen des Konzeptes zu euch kommen. Da ist ein Streuselkuchen dann klassischer als eine Sahnetorte, die an einen Konditor erinnert. Ganz genau, das ist der Punkt. Auch die Sahnetorten gehen natürlich, so ist das nicht, aber das ist dann eher so ein Sonntagsding. Unter der Woche sind es die Klassiker, mal mit `ner Kugel Eis oder Sahne dazu und am Sonntag, wenn man sich auch mal den zweiten Kaffee gönnt und etwas länger sitzen bleibt, wird auch gerne mal die Sahnetorte genommen. Ich bin zwar jetzt erst seit Juli richtig dabei, aber das ist die Beobachtung, die ich bisher machen konnte.
Wo findet ihr die Omis, die für euch backen? Ich habe den Großteil der Omis tatsächlich übernommen. Die wurden damals über eine geschaltete Anzeige in der Zeitung gefunden und dann habe ich hier immer mal die ein oder andere, die reinkommt und sagt, dass sie davon gehört hat oder eine Bekannte hat, die hier backt – das ist ganz witzig. Wir haben jetzt auch gesucht nach der Übernahme und auch gefunden. Das ist jetzt eine etwas jüngere Omi geworden, aber auch das ist nicht schlimm. Wichtig ist da, dass der Kuchen schmeckt, der Spaß, den sie beim Backen haben und auch die Liebe, die sie dabei reinstecken.
Wie hat man sich ein Vorstellungsgespräch mit einer Omi vorzustellen, die für euch backen will?
Im Falle unserer neuesten Omi war das bei einem Kaffee und einem Stück Kuchen. Wir haben über unsere Lieblingskuchen gesprochen und darüber, welchen Kuchen sie für jede Familienfeier backt? Den hat sie dann bei uns gebacken und in der Zwischenzeit haben wir geguckt, ob wir zusammenpassen und ob sie sich bei uns wohlfühlt. Wir sind hier ein relativ kleines Team, zwar recht kurz erst zusammen aber doch sehr familiär und freundschaftlich.
Backt jede Omi an einem festen Tag und hat dann auch ihre Stammgäste, die sich besonders auf die Kuchen „ihrer Lieblingsomi“ freuen? Das variiert ein bisschen, auch wenn sie zu großen Teilen feste Tage haben. Das haben viele Gäste auch schon raus. Ich habe gestern erst mit einer Dame gesprochen, die nur kommt, wenn Oma Marlies ihren berühmt-berüchtigten Banoffee Pie gebacken hat – Banane und Toffee – die möchte nichts anderes haben. Die hat Marlies jetzt drei Mal verpasst und für die backen wir gleich noch ihren Kuchen, von dem wir ihr dann morgen ein Stück zurücklegen, damit sie endlich ihren Banoffee Pie bekommt.
Welches Verhältnis hast, oder hattest du, zu deinen eigenen „echten Omis“? Auch ein sehr freundschaftliches. Je älter ich werde – oder je älter ich wurde – war, gefühlt, jedes Jahrzehnt anders. Früher war es das Phänomen Oma. Da durfte man Sachen, die man Zuhause nicht durfte. Dann war die Oma die Ansprechpartnerin für Dinge, über die man mit Mama nicht spricht. Und jetzt bin ich 32 und man unterhält sich über Erwachsenendinge, über die man sich vor zehn Jahren noch nicht unterhalten hat. Man spricht also auf Augenhöhe. Das ist hier im Café irgendwie ähnlich. Das ist alles auf Augenhöhe, die Kommunikation mit diesen Frauen, die meine Oma sein könnten, ist toll und auch der Umgang.
Wie sieht bei dir ein ganz normaler Arbeitstag aus? Vom Aufstehen bis zum Schlafengehen Aktuell brauche ich noch ein bisschen, um mich an das Aufstehen zwischen 7:00 und 7:30 zu gewöhnen, weil ich ein Morgenmuffel bin. Glücklicherweise habe ich einen Partner, der zu der Zeit schon im Home Office sitzt und rüber brüllt, dass ich aufstehen soll oder mir einen Kaffee bringt. Derzeit habe ich noch eine sieben Tage Woche. Das ist anstrengend, aber auch schön, weil ich tagtäglich sehe, wie sich das hier einfach weiterentwickelt. Wir sind lange noch nicht da, wo ich gerne hinmöchte. Sei es der Umbau, die Umstrukturierung generell oder die Weiterentwicklung. Ich fahre morgens auch oft noch durch die Weltgeschichte und kaufe etwas ein und dann geht es hier los. Ich bin gerade einfach viel hier. Ich habe zum Beispiel den Garten neu gemacht, obwohl ich keinen grünen Daumen habe und Gartenarbeit auch eigentlich nicht mag. Aber ich habe den Spaß daran gefunden. Auch daran, mit Holz zu arbeiten um die Terrasse neu zu machen. Ich entwickele ganz andere Seiten gerade an mir. Und dann ist der Tag irgendwann vorbei und ich mache mir Gedanken, was ich am nächsten Tag noch schöner und noch besser machen kann? Ich nehme oft Arbeit mit nach Hause, aber nicht in dem Sinne, als dass ich dann Zuhause sitze und arbeite. Aber mein Kopf arbeitet einfach noch weiter und verarbeitet den Tag. Ich mag dieses viele Arbeiten aber auch. Ich mache es ja jetzt auch für mich, das ist der Hauptunterschied zu dem, was ich vorher gemacht habe. Ich baue mir hier mein eigenes kleines Wohnzimmer auf.
Was gefällt dir an dem Konzept der Kulinarischen Schnitzeljagd? Bei der letzten Kulinarischen Schnitzeljagd in Bochum hat Omi backt! ja auch schon mitgemacht und ich war an dem Tag auch unterstützend mit dabei. Ich fand es interessant, dass viele Teilnehmer uns noch gar nicht kannten und darüber auf uns aufmerksam geworden sind - das ist toll! Darüber freue ich mich, dass dann auch Leute, die vielleicht etwas weiter weg wohnen, uns dadurch kennenlernen und auch den Weg zu uns finden. Ich finde das Konzept toll, das ist mal was anderes als eine Kneipennacht, wo man von Kneipe zu Kneipe spaziert.
Worauf freust du dich am Eventtag am meisten? Tatsächlich auf die Teilnehmer. Du hast da dann halt ganz interessante Leute dabei, die sonst tatsächlich nicht herkommen würden. Das ist das Wichtigste für mich, dass ich die alle überzeugen kann. Dass ich ihnen die kurze Zeit, die sie letztendlich an so einem Tage hier verbringen, so schön wie möglich gestalten kann und Lust auf Mehr mache. „Hey, komm wieder und verbring mehr Zeit bei uns, mit uns!“
Über die Kulinarische Schnitzeljagd
Die
Kulinarische Schnitzeljagd
ist eine Genusstour, bei der die Teilnehmer Bochum neu erschmecken, allein oder mit Freunden, auf dem Rad oder anders.
In unserem
Genussmagazin
stellen wir Restaurants, Cafés und Feinkostläden vor und veröffentlichen Interviews und Berichte zu kulinarischen Themen.
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